
Arbeitsschutz 4.0
Digitalisierte Arbeitsprozesse können aber auch räumliche und zeitliche Entgrenzung
erzeugen, sodass beispielsweise die Gefahr von gesundheitlichen Belastungen durch verlängerte Arbeits- und reduzierte Erholungszeiten besteht. Eine präventive und gesunde Arbeitsgestaltung gewinnt damit an Bedeutung. Dies gilt auch für die bewusste Gestaltung von sozialen Kontakten, um dem Grundbedürfnis der Menschen auch im Arbeitsleben gerecht zu werden.
Wie verändern sich Arbeit und Beschäftigung durch Digitalisierungsprozesse in
Nordrhein-Westfalen? Welche Risiken und Chancen für gesundes Arbeiten und einen präventiven Arbeits- und Gesundheitsschutz sind damit verbunden? Was ist zu tun – wo gibt es bereits gute betriebliche Beispiele und Lösungen?
Fachtagung: Arbeitsschutz im digitalen Wandel. Perspektiven für Nordrhein-Westfalen.
Auf Einladung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen kamen 200 Arbeitsschutzakteure am 07.06.2018 in der Turbinenhalle in Düsseldorf zu einer Arbeitsschutz-Fachtagung zusammen. Dort wurden Fakten und mögliche Lösungsansätze für die oben genannten Herausforderungen vorgestellt und diskutiert.
In seinem Grußwort betonte Arbeitsschutzminister Karl-Josef Laumann die Notwendigkeit, die Veränderungsprozesse aktiv anzugehen: „Ich will, dass wir den digitalen Wandel so gestalten, dass alle davon profitieren, Wirtschaft und Beschäftigte. Genau an dieser Stelle fällt dem Arbeitsschutz eine große Bedeutung zu.“
„Die Gesundheitsgefahren bei der Arbeit haben sich verändert und damit auch der Fokus des Arbeitsschutzes“, so der Minister weiter. Sei es in früheren Jahrzehnten vor allem um die Vermeidung körperlicher Schäden, etwa durch Arbeitsunfälle, gegangen, geraten heute psychische Belastungen immer mehr in den Blickpunkt. Laumann: „Die Digitalisierung bietet viele Chancen. Sie birgt aber auch die Gefahr neuer gesundheitlicher Belastungen – etwa durch den Druck, ständig per E-Mail oder Handy erreichbar zu sein.“ Diese Veränderungen seien zum Teil durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewollt und manchmal sinnvoll. „Ich wünsche mir, dass wir Spielräume nutzen, die sich durch den technischen Fortschritt ergeben, aber gleichzeitig Beschäftigte wirksam vor gesundheitlichen Belastungen schützen“, so der Minister. Den Umgang mit der ständigen Erreichbarkeit in einer digitalen Arbeitswelt stellte der Minister als eines der nächsten großen Themen im Arbeitsschutz heraus. Hierbei betont er, dass trotz steigender psychischer Belastungen die körperlichen Erkrankungen nicht in den Hintergrund der Aufmerksamkeit rücken dürfen.
Im Anschluss diskutierten die Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmer am Rande von Vorträgen und auf Podiumsdiskussionen wie Arbeitsschutz in Zukunft gestaltet werden muss. Einigkeit bestand dahingehend, dass auch mit Blick auf die Fachkräftesicherung eine präventive und gesunde Arbeitsgestaltung in einer digitalen Arbeitswelt immer mehr an Bedeutung gewinnt.
Ebenso wurde im Zuge der Digitalisierung auf die Bedeutung der Gefährdungsbeurteilung hingewiesen. Sie ist ein wichtiges Instrument, um Soll/Ist-Zustände am Arbeitsplatz auch zu den Aspekten der psychischen Belastungen sowie die Anforderungen durch die Digitalisierung zu überprüfen und den Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten zu gewährleisten.
Zu der Entwicklung von digitalen Veränderungsprozessen wurde in den Fachvorträgen darauf hingewiesen, dass die Geschwindigkeit des Wandels sich eher als „schleichender“ Prozess (über sukzessive Updates) in den Unternehmen darstellt – nicht von heute auf morgen. Das biete Chancen für gute und rechtzeitige Gestaltungsmaßnahmen und die Möglichkeit zu neuen Diskussionen über gewünschte Arbeitsformen, so die Experten. Eine gute Unternehmenskultur ist dabei die Basis für die Umsetzung gesundheitsgerechter und sicherer Arbeitsbedingungen, insbesondere, wenn die Arbeit außerhalb des Betriebes durchgeführt wird.
Auf der Fachtagung wurden auch drei Beispiele einer guten und vorbildlichen Praxis mit unterschiedlichen Ansätzen zum Arbeitsschutz 4.0 vorgestellt: die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn AG (kurz BoGeStra), die Infineon Technologies Bipolar GmbH und Co. KG aus Warstein sowie die Kverneland Group aus Soest